Gravenreuthstraße (Ehrenfeld)

Gravenreuthstraße

Karl Freiherr von Gravenreuth war seit 1879 zunächst Offizier in der bayerischen Armee und ab 1885 in Ostafrika unterwegs. Dort verübte er schwere Kriegsverbrechen. Weiterlesen…

In-Haus Radio · Gravenreuthstrasse – Koloniales Erbe in Köln

Karl Freiherr von Gravenreuth war seit 1879 zunächst Offizier in der bayerischen Armee. Ab 1885 war von Gravenreuth in Ostafrika unterwegs, nahm an der so genannten „Expedition“ von Carl Peters teil, die der kolonialen Aneignung weiter Gebiete in Ostafrika durch die Deutschen diente.

Nach Gründung der „Schutztruppe“ unter Hermann von Wissmann trat von Gravenreuth als Kompaniechef in diese ein. Bei der Niederschlagung des so genannten ‚Araberaufstands’ von 1888/89 in Deutsch-Ostafrika kämpfte er an der Seite von Wissmanns. In einem kolonialrevanchistischen Text von 1939 über Gravenreuth heißt es: „Ohne sich einen Augenblick zu besinnen, warf sich Gravenreuth mit seiner Kompanie, etwa 80 Gewehre stark, auf den hundertfach überlegenen Feind. Alle Versuche der Wilden, die deutsche Front zu durchstoßen, scheiterten an dem wohlgezielten Feuer der Hinterlader. Beständig im dichten Feuer stehend setzte der deutsche Führer alles an einen vollen Erfolg und gewann. In verschreckten Haufen rannten die Raubscharen davon. Dem heiß erstrittenen Sieg wurde durch tatkräftige Verfolgung Nachdruck verliehen. Auf ihrer haltlosen Flucht liefen die Rebellen nun der anderen Kolonne in die Arme. Nur wenige entrannen der Vergeltung.“

Seine „Durchschlagskraft“ trug von Gravenreuth den Beinamen „Löwe der Wüste“ ein.

Nach einem kurzen Aufenthalt in Europa 1890 ging v. Gravenreuth 1891 im Auftrag der deutschen Regierung in die Kolonie Kamerun. Dort angekommen, kaufte von Gravenreuth 370 sogenannte „Dahomeysklaven“ und bildete mit diesen eine Polizeitruppe. Mit Hilfe dieser Truppe wurden die ersten kriegerischen Vorstöße ins Inland von Kamerun gemacht. Der Kauf der „Dahomeysklaven“ führte zu der „Dahomeykontroverse“, in der besonders die Franzosen den Vorwurf erhoben, dabei handele es sich um „eine Art verkappter Sklaverei“. Die so genannten Dahomeysklaven wurden gegen Entgelt erworben und mussten dann mehrere Jahre ohne Lohn ihren Kaufpreis ‚abarbeiten’. Diese Leute – Männer und Frauen – wurden nicht nur als Polizeisoldaten, sondern auch als Träger eingesetzt. Die Umstände, unter denen sie ‚arbeiteten’, lassen sich erahnen, wenn ihr Gesundheitszustand als so schlecht beschrieben wird, dass auf Expeditionen täglich Tote unter ihnen zu beklagen waren, da sie zu krank oder schlicht unterernährt waren, um den Strapazen standzuhalten.

Mit den „Dahomey-Soldaten“ unternahm v. Gravenreuth sogenannte Strafexpeditionen und überfiel Dörfer denen Fehlverhalten vorgeworfen wurde, brannte sie nieder und vertrieb die überlebenden Einwohner. Bei einer dieser Strafexpeditionen wurde von Gravenreuth am 3. November 1891 beim Sturm auf ein Dorf tödlich getroffen.

Von Marianne Bechhaus-Gerst

Marianne Bechhaus-Gerst ist Afrikanistik, Historikerin und Kulturwissenschaftlerin. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit der deutschen Kolonialvergangenheit, insbesondere mit der Kolonialvergangenheit Kölns und der Geschichte Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland und mit der afrikanisch-deutschen Begegnungsgeschichte. Sie ist die Initiatorin von Köln Postkolonial und hat gemeinsam mit den Studierenden eine Ausstellung zum Thema Köln und Kolonialismus im Kölnischen Stadtmuseum erarbeitet.