Konrad Adenauer wird auch heute noch als eine der wichtigsten politischen Persönlichkeiten Deutschlands erinnert. Er war von 1917 bis 1933 Oberbürgermeister der Stadt Köln und von 1949 bis 1963 erster deutscher Bundeskanzler.
Weniger bekannt ist sein Engagement für in der kolonialrevisionistischen Bewegung, das in seine Zeit als Kölner Oberbürgermeister fällt. Adenauer machte sich für die Rückgewinnung der nach dem Ersten Weltkrieg verlorenen deutschen Kolonien stark und sah wie viele seiner Zeitgenossen im „menschenleeren“ Afrika Raum für die stetig wachsende deutsche Bevölkerung. 1927 erklärte er in einer Umfrage der Zeitschrift „Europäische Gespräche“, die 200 Personen des öffentlichen Lebens zu den Kolonialbestrebungen des Reiches befragte: „Das Deutsche Reich muss unbedingt den Erwerb von Kolonien anstreben. Im Reiche selbst ist zu wenig Raum für die große Bevölkerung. […] Wir müssen für unser Volk mehr Raum haben und darum Kolonien.“
Höhepunkt von Adenauers kolonialrevisionistischen Engagements war seine Wahl zum stellvertretenden Präsidenten der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG). Am 29. Mai 1931 wurde Adenauer in der Vorstandssitzung in Berlin einstimmig gewählt und wenig später durch ein Telegramm des Präsidenten der Gesellschaft, Dr. Heinrich Schnee, ehemaliger Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, darüber informiert. Seine Wahl stellte einen Wandel an der Spitze und im Vorstand der Gesellschaft dar; bis dahin hatte die Führungsschicht hauptsächlich aus ehemaligen Gouverneuren bestanden. Die Deutsche Kolonialgesellschaft strebte aber eine Öffnung für „breitere Kreise“ an, und Adenauer schien dafür die richtige Wahl. Als „Mann von überragender Bedeutung“, der sich „bisher als überzeugter Kolonialmann bewährt hat“, war man sich sicher, dass er sich mit dieser Stellung „in Zukunft nun erst recht für Deutschlands Kolonialwünsche einsetzen wird.“
Adenauer versuchte seinem Amt gerecht zu werden und regelmäßig zu den Vorstandssitzungen der Gesellschaft zu reisen, ansonsten finanzierte er kleinere „Kolonialprojekte“ aus seinem „Dispositionsfonds“ und nutzte seine öffentliche Stellung, um den Kolonialgedanken zu propagieren.
Für Adenauer war der Besitz eigener Kolonien darüber hinaus besonders für die deutsche Jugend von Bedeutung, würde diese doch zunehmend „plan- und ziellos“ umherirren, da ihr „wirkliche und würdige und ihrer Phantasie genügende Möglichkeiten“ im eigenen Land fehlten. Bei einer Kölner Kolonialkundgebung propagierte Adenauer: „Nie darf eine deutsche Regierung die Kolonialfrage zur Ruhe kommen lassen, um der deutschen Jugend willen. […] Unsere deutsche Jugend muß verkümmern wenn es nicht gelingt, den allzu engen mit mäßigem Boden und kargem Klima ausgestatteten Raum Mittel-Europas zu sprengen und ihr neuen, Hoffnung und Lebensmut beflügelnden Betätigungsraum in Übersee zu gewinnen.“
Sein Amt als stellvertretender Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft hatte Adenauer bis 1933 inne, im selben Jahr endete auch seine politische Karriere in Köln. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er aus dem Amt entlassen. In seine letzten Jahre als Oberbürgermeister fallen noch die Pläne und Vorbereitungen für die große Deutsche Kolonialausstellung, die vom 1. Juli bis 2. September 1934 in der Kölner Messe stattfand. Zu dieser Zeit hatte Adenauer seine Heimatstadt jedoch bereits verlassen.
Als Konrad Adenauer 1945 von den amerikanischen Besatzungstruppen wieder kurzzeitig in das Amt des Kölner Oberbürgermeisters eingesetzt wurde und sein politischer Wiederaufstieg ab 1946 vor allem durch die Wahl in den Vorstand der CDU Rheinland begann, spielten auch für ihn „koloniale Themen“ keine Rolle mehr.