Robert-Koch-Str.

Robert-Koch-Straße

Robert Koch war ein deutscher Mediziner, Mikrobiologe und Hygieniker, der 1882 den Erreger der Tuberkulose entdeckte. Weiterlesen…

In-Haus Radio · Robert-Koch-Straße (Lindenthal) – Koloniales Erbe In Köln

Robert Koch war ein deutscher Mediziner, Mikrobiologe und Hygieniker, der 1882 den Erreger der Tuberkulose entdeckte und später das vermeintliche Heilmittel Tuberkulin entwickelte. 1905 erhielt er den Nobelpreis für Medizin. Robert Koch ist einer der Begründer der modernen Bakteriologie und Mikrobiologie. Er hat grundlegende Beiträge zur Infektionslehre sowie zum Aufbau der „Tropenmedizin“ in Deutschland geleistet. Noch zu seinen Lebzeiten, im Dezember 1908, wurde eine Straße in Köln-Lindenthal nach ihm benannt.

Die Medizin spielte bei der Kolonialisierung Afrikas eine wichtige Rolle. Die Bekämpfung sogenannter Tropenkrankheiten war allen europäischen Kolonialmächten ein Anliegen, ging es doch nicht zuletzt um den Erhalt afrikanischer Arbeitskraft. Koch wollte ein Mittel gegen die in Teilen Afrikas endemische menschliche Schlafkrankheit finden und reiste zu diesem Zweck im Auftrag der deutschen Kolonialverwaltung nach Ostafrika. Koch experimentierte mit verschiedenen Arsenpräparaten, wobei er sich schließlich auf das Mittel Atoxyl konzentrierte Da Versuche mit Atoxyl am Menschen in Deutschland verboten waren, wich Koch – wie auch zahlreiche Kollegen in der deutschen, britischen und französischen Tropenmedizin – auf die Kolonien aus, um dort Menschenversuche ohne Einwilligung der einheimischen Probanden vorzunehmen. Da es in Ostafrika auf deutschem Gebiet nur wenige Fälle gab, verlegte er seine Studien 1905 auf die Sese-Inseln im Viktoria-See auf britischem Kolonialgebiet. Dort waren innerhalb weniger Jahre 20.000 Menschen – zwei Drittel der Inselbevölkerung – an der Schlafkrankheit gestorben.

Dass Atoxyl in hoher Dosierung giftig ist, war Koch bekannt. Kurzfristig besserten sich die Symptome unter der Therapie, längerfristig gelang es jedoch nicht, die Parasiten aus dem Blut zu beseitigen. Weil er auf einen Erfolg hoffte, steigerte Koch die verabreichten Dosen bis zu 1 einem Gramm, die in Abständen von sieben bis zehn Tagen gespritzt wurden. Die Behandlung war sehr schmerzhaft und rief Schwindelgefühle, Übelkeit und Koliken hervor. Schließlich kam es zu irreversiblen Erblindungen und zu Todesfällen, und Koch sah sich gezwungen, die Dosen wieder zu senken. Zahlreiche Patient*innen – die von den deutschen Ärzten auf britischem Kolonialgebiet nicht zwangsinterniert werden konnten – flohen vor der Behandlung.

Um pro Tag rund 1000 Patienten untersuchen zu können, isolierte Koch vermeintlich Kranke in sogenannten Konzentrationslagern: Eine Ansammlung von Strohhütten und rudimentären Zelten, die bei Sturm umgeweht wurden. Es fehlte an allem: Decken, sauberem Wasser, zu essen gab es oft nur Mehl und Salz. Wie viele Menschen allein wegen dieser Zustände starben, ist unbekannt.

Die Robert-Koch-Straße-Mensa der Universität Köln wurde im Jahr 2021 umbenannt.

In seinen Empfehlungen zum Umgang mit an Schlafkrankheiterkrankten erwog Koch, die ganze Bevölkerung verseuchter Bezirke umzusiedeln, verwarf diese Maßnahme aber als unpraktikabel. Er schlug vor, in diesen Gegenden die Wälder abzuholzen, um den Überträger der Krankheit, die Tsetsefliege, zu bekämpfen. Weiter empfahl er, in verseuchten Orten Reihenuntersuchungen vorzunehmen, die Infizierten „herauszugreifen“ und in „Konzentrationslagern“ zu versammeln. Obwohl Atoxyl unwirksam und hochtoxisch war, hielt Koch an diesem Mittel fest.

Nach der Abreise Kochs wurden drei Schlafkrankheitslager mit über 1.200 Patienten eingerichtet. Heilerfolge gab es keine. An den veröffentlichten Statistiken fällt die extrem hohe Zahl in der Kategorie „Abgang“ auf – die Patienten hatten sich durch Flucht entzogen. In diesen Lagern wurden auch noch weitere Präparate wie Arsenophenylglycin und Arsphenamin, die aus dem Labor von Paul Ehrlich geliefert wurden, erprobt. Hierbei kam es zu weiteren Todesfällen. Nach einer Publikation in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift wurden solche Versuche vom Reichskolonialamt untersagt und nach 1911 wurden die meisten Lager und Stationen in Deutsch-Ostafrika aufgelöst.

Von Marianne Bechhaus-Gerst

Marianne Bechhaus-Gerst ist Afrikanistik, Historikerin und Kulturwissenschaftlerin. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit der deutschen Kolonialvergangenheit, insbesondere mit der Kolonialvergangenheit Kölns und der Geschichte Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland und mit der afrikanisch-deutschen Begegnungsgeschichte. Sie ist die Initiatorin von Köln Postkolonial und hat gemeinsam mit den Studierenden eine Ausstellung zum Thema Köln und Kolonialismus im Kölnischen Stadtmuseum erarbeitet.