Togostrasse

Togostraße

Die Togostraße erinnert an die deutsche „Musterkolonie“ in Afrika, da es dort keine teuren Kolonialkriege gab und sie rentabel war. Weiterlesen…

In-Haus Radio · Togostrasse – Koloniales Erbe in Köln

Die Togostraße erinnert an die kleinste deutsche Kolonie in Afrika. Sie galt lange als sogenannte „Musterkolonie“ – zum einen, weil es dort keine aus deutscher Sicht teuren Kolonialkriege gab, zum anderen, weil die Kolonie wirtschaftlich rentabel war – durch massive Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung.

Nach der Flaggenhissung und dem Abschluss eines sogenannten „Schutzvertrags“ am 5. Juli 1884 durch Gustav Nachtigal erlebte Togo einen wirtschaftlichen Aufschwung besonders um die Stadt Lomé. Deutsche Firmen exportierten vor allem Alkohol in die Küstenregion. Da in den französischen und britischen Nachbarkolonien Alkohol mit hohen Zöllen belegt war, entwickelte sich ein reger Schwarzhandel von Lomé in die umliegenden Regionen. Auch lokale Machthaber wurden für ihre Treue zu den deutschen Handelshäusern mit Alkohol und mit modernen Waffen bezahlt, wodurch die deutsche Herrschaft gefestigt wurde.

Nach der ersten Inbesitznahme versuchte man, das deutsche Kolonialgebiet, das zunächst nur einen Küstenstreifen umfasste, möglichst weit ins Landesinnere zu erweitern. Zu diesem Zweck unternahmen die Deutschen mehrere als „Wissenschaftsexpeditionen“ deklarierte Eroberungsexpeditionen, bei denen durch Machtdemonstration die Bevölkerung eingeschüchtert werden sollte. Man schloss weitere „Schutzverträge“ ab und gründete deutsche Stationen. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die Expeditionen zu regelrechten Raubzügen. Man versuchte, die lokale Bevölkerung systematisch zu unterwerfen, indem man plünderte, mordete, Dörfer niederbrannte, unter fadenscheinigen und ungerechtfertigten Gründen Gefechte anzettelte sowie Frauen und Kinder gefangen nahm. In wenigen Jahren hatten sich die deutschen Kolonialisten im Hinterland Togos durch Waffengewalt, Erpressung, Betrug und Drohung ein großes Territorium angeeignet.

Mit der Fertigstellung mehrerer Eisenbahnlinien bekamen die Deutschen vereinfachten Zugang ins Hinterland Togos. Baumwolle, Kaffee, Kakao, Kautschuk, Erdnüsse, Kokos und Sisalhanf konnten jetzt direkt aus dem Hinterland auf dort eigens angelegten Plantagen gewonnen werden. An der Küste wiederum hatten deutsche Händler Branntwein- und Petroleumfaktoreien errichtet, um den Handel in die größeren Absatzgebiete umfassend organisieren zu können.

Die togoische Bevölkerung versuchte vergeblich gegen die Kolonialpolitik der Deutschen Beschwerde einzulegen. Hauptkritikpunkte waren die viel zu hohen Steuern, Landenteignungen, die Bestrafung ohne Untersuchung, die Zwangsarbeit, die es nahezu unmöglich machte, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, der häufige Missbrauch minderjähriger Mädchen durch einige deutsche Kolonialisten, das Strafgesetz, welches Deutsche bevorzugt behandelte, viel zu harten Strafen, wie Kettenhaft und Prügelstrafe mit der Nilpferdpeitsche.

Durch Gewalt und Androhung von Gewalt konnte die Herrschaft einer Minderheit von nur 350 Kolonialdeutschen über eine Millionen Afrikaner gesichert werden.

Unmittelbar nach Beginn des Ersten Weltkriegs fiel Togo in alliierte Hände. Die 350 Deutschen der Kolonie und eine kleine Polizeitruppe konnten den modern ausgerüsteten Kolonialarmeen der Franzosen und Engländer nichts entgegensetzen. Am 25. August 1914 kapitulierte Togo als erste deutsche Kolonie. Nach Kriegsende wurde Togo 1920 unter die Aufsicht des Völkerbundes gestellt, von Briten und Franzosen geteilt und getrennt verwaltet.

Von Marianne Bechhaus-Gerst

Marianne Bechhaus-Gerst ist Afrikanistik, Historikerin und Kulturwissenschaftlerin. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit der deutschen Kolonialvergangenheit, insbesondere mit der Kolonialvergangenheit Kölns und der Geschichte Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland und mit der afrikanisch-deutschen Begegnungsgeschichte. Sie ist die Initiatorin von Köln Postkolonial und hat gemeinsam mit den Studierenden eine Ausstellung zum Thema Köln und Kolonialismus im Kölnischen Stadtmuseum erarbeitet.