Afrika Viertel

Das „Afrika-Viertel“ in Nippes

Das Afrika-Viertel ist ein kolonialer Gedächtnisraum, dessen Namensgebung von einer kolonialrevisionistischen Bewegung der 30er Jahre stammt. Weiterlesen…

In-Haus Radio · „Afrika-Viertel“ Einführung – Koloniales Erbe in Köln

Straßennamen spiegeln Geschichte wider – so auch die des im Nippeser Norden gelegenen „Afrika-Viertels“, den Kölnern ist das Afrika-Viertel auch als „Klein Afrika“, „Heia Safari-Viertel“ bekannt.

Das Afrika-Viertel ist ein kolonialer Gedächtnisraum, dessen Namensgebung mit der in Köln starken kolonialrevisionistischen Bewegung der dreißiger Jahre zusammenhängt, die sich für die Rückgewinnung der mit dem Ende des Ersten Weltkriegs verlorenen Kolonialgebiete engagierte. Auch die nationalsozialistische Machtübernahme änderte nichts an diesen Ambitionen – im Gegenteil. Auf zahlreichen kolonial-propagandistischen Veranstaltungen wehrte man sich gegen den Vorwurf der alliierten Siegermächte, Deutschland habe in seinen Kolonien versagt, und sprach in diesem Zusammenhang von kolonialer Schuldlüge. In diesem Klima konnte 1934, also 16 Jahre nach dem Verlust der Kolonien, eine Kolonialausstellung stattfinden. Zur selben Zeit konnte man mit der Benennung von Straßen nach kolonialen Akteuren oder ehemaligen „Schutzgebieten“ die Erinnerung an die ehemalige vermeintliche Größe wachhalten, eine große Öffentlichkeit erreichen und die Forderung nach Rückgabe unterstützen.

Das Gebiet, in dem bis 1932 die Fabrikanlage Krätzer & Wirtgen stand, sollte nach den Planungen in den Jahren 1933/1934 als eine gehobene Wohnanlage mit 60 Eigenheimen gestaltet werden. Gebaut wurde zwischen 1935 und 1938, die offizielle Straßenbenennung der Straßen erfolgte am 9. Januar 1935. Drei Straßen erhielten die Namen vermeintlicher kolonialer Helden: Gustav-Nachtigal-Straße, Carl-Peters-Straße und Lüderitzstraße. Damit ehrte man jene Männer, die die afrikanischen Kolonien mehr oder weniger gewaltsam für das Deutsche Reich angeeignet hatten. Zwei Straßen wurden nach den ehemaligen Kolonien „Kamerunstraße“ und „Togostraße“ genannt. Mit der „Tangastraße“ wollte man an die aus deutscher Sicht „ruhmreiche“ Schlacht bei Tanga im damaligen Deutsch-Ostafrika gegen eine englische Übermacht erinnern.

Ende der 80er Jahre kam es in der Bezirksvertretung Nippes zu Diskussionen über die kolonialen Benennungen, die 1990 zur Umbenennung der Carl-Peters-Straße in Namibiastraße und der Lüderitzstraße in Usambarastraße kam. Dass es hierbei zu einer geographischen Verkehrung kam – Lüderitz war im heutigen Namibia aktiv und Carl Peters in Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania, in dessen Nordosten die Usambara-Berge liegen – war ein Versehen, das erst Jahre später bemerkt wurde.

Von Marianne Bechhaus-Gerst

Marianne Bechhaus-Gerst ist Afrikanistik, Historikerin und Kulturwissenschaftlerin. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit der deutschen Kolonialvergangenheit, insbesondere mit der Kolonialvergangenheit Kölns und der Geschichte Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland und mit der afrikanisch-deutschen Begegnungsgeschichte. Sie ist die Initiatorin von Köln Postkolonial und hat gemeinsam mit den Studierenden eine Ausstellung zum Thema Köln und Kolonialismus im Kölnischen Stadtmuseum erarbeitet.